Gundula's Blog

Die Sache mit der Heuraufe und dem Netz

Vor ungefähr zwei Monaten sind die Pferde bei uns am Hof zu Radochenberg eingezogen. So sehr ich mich freute, war es doch auch eine Herausforderung: Dinge, über die man sich in einem Einstellbetrieb nicht kümmern musste, waren ab sofort an der Tagesordnung. Nicht, dass ihr mich falsch versteht: Es geht nicht darum, die Dinge zu tun – nein, sondern: WIE ist es am besten?

Ich darf mich auch glücklich schätzen, einen wunderbaren „guten Geist“ namens Toni bei mir im Stall zu haben. Der hat, solange ich ihn kenne, schon immer mit Pferden zu tun und liebt sie über alles.

Natürlich kam es auch zur Diskussion über die Art der Heufütterung. Ich kenne es aus vielen Ställen, dass über das Heu in der Heuraufe Netze gespannt sind, sogenannte ,slow feed'. Das soll bewirken, dass Pferde langsam fressen, sich ihr Futter herauszupfen und dadurch ihre „Linie“ behalten.

So richtig glücklich war ich damit nie, denn wenn man sich die Mäuler dieser Pferde ansieht, fehlen ihnen ihre Tasthaare. Durch dieses ständige Am-Netz-Zupfen, damit sie etwas herauskriegen, leiden auch die Zähne. Klar könnt ihr jetzt einwenden, das hängt mit dem Material und der Größe bzw Durchmesser der Lücken des Netzes zusammen und dieses Zupfen ähnelt dem Graszupfen.

Doch beim Graszupfen hat das Pferd den Kopf tief, das Unterkiefer rutscht ein bisschen nach vorne und so kann es mit den Schneidezähnen wunderbar das Gras abzupfen.

Wir haben uns also entschlossen, kein Netz zu verwenden und unseren Pferden – sowohl in der Heuraufe in der Box und im Auslauf – offenes Heu zu geben.

Zum Verständnis: Unsere Pferde sind tagsüber jetzt im Winter auf einem Trail, der wie ein Oval angelegt ist. Wenn sie ihre „narrischen“ fünf Minuten haben, können sie einfach ihrer Bewegungslust freien Lauf lassen und ihre Runden drehen. Und ihr glaubt es kaum, oft fängt sogar mein guter alter Herr Chicco damit an.

Am Trail befinden sich auch zwei Heuraufen – und bei acht Pferden hat jedes immer die Möglichkeit, sich einen Platz an der Raufe zu sichern.

Abends kommen sie in eine Box mit Vorzimmer (Paddock) und auch da haben immer zwei Pferde eine gemeinsame Heuraufe  – ohne Netz!

Ich merke richtig, wie ihr den Kopf schüttelt und meint: ,Das kann nicht funktionieren!‘ Doch ich war der Meinung: Wer zu dick wird, muss sich mehr bewegen, anstatt das Raufutter zu rationieren.  Denn der Verdauungsapparat des Pferdes ist darauf ausgelegt, 16-18 Stunden am Tag unter gemütlicher Fortbewegung zu fressen.

Wir beobachteten wohl, dass diese Pferde, die im vorigen Stall „Futternot bzw Heunot“ hatten, erstmals nicht genug bekamen. Doch mit der Zeit änderte sich das: Jene, die anfangs am gierigsten waren, sah ich oft am Trail spazieren oder auch mit einem Kumpel spielen.

Klar, ein kleines Gerangel um den besten Platz an der Heuraufe gibt es immer wieder mal – das ist auch gut so, denn sie sollen sich ja miteinander auseinandersetzen!

Und weil ich vorher gesagt habe ,Wer zu dick wird, darf sich mehr bewegen‘, möchte ich auch noch meinen kleinen Mustang Pinuu erwähnen. Er war – um es freundlich zu formulieren – rund und gesund, als er zu uns kam. Und auch er wurde richtig sportlich, hat sogar abgenommen, obwohl er in der Woche nur drei Mal von mir im Viereck bewegt wird. Oft ist auch ein Spaziergang  im Gelände dabei, bei dem er gut durchatmen darf ...

Wir sind der Meinung, dass bei einem Heunetz die Pferde nicht mehr wählen können, was sie fressen, dass dadurch die Gier so groß wird, dass sie nur noch mehr hinunterschlingen und nebenbei auch oft viel Luft mitschlucken. Mag sein, dass einige damit gut zurecht kommen, aber viele leider nicht ...
Genau diese Möglichkeit – es nämlich so zu machen, wie ich es für meine Pferde am besten finde - möchte ich nie mehr missen.

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