Gundula's Blog

Wenn falsches Training Pferden schadet – die Geschichte eines jungen Braunen

Ein Anruf, der alles veränderte – ein Pferd in Not kommt zu uns

Gerade stand ich noch am Viereck neben Hänger und Auto und „unser“ großer Brauner wurde verladen.

Im April läutete das Telefon, eine Freundin bat mich um Hilfe. Sie hatte ihr Pferd seit ein paar Monaten in Beritt gegeben, doch in der letzten Zeit stimmte etwas nicht mehr. Einmal hieß es, es ist alles gut, dann wiederum er läuft doch nicht… Da sie leider nie Zeit hatte, ihr Pferd dort zu besuchen, könnte sie mir auch nicht mehr dazu erzählen.

Erschreckender Zustand: Muskelzittern, Schmerzen und kaputtes Zubehör

So ging es, dass der große Braune im April zu uns auf den Hof kam. Als ich ihn sah, blutete mein Herz – die Vorderbeine zitterten, der Rücken war so, wie man es sich nicht für ein junges Pferd vorstellen möchte, die Hinterhand – die Hosen – waren so fest, dass mir allein das Hinsehen schon selbst Schmerzen machte. Zusätzlich bekam ich mit ihm noch einen Sattel, einen kaputten Zaum und ein kaputtes Halfter – mit den Worten: „Etwas am Kopf hat er nicht so gerne…..“  Auch hieß es, dass er noch 2 Monate Schmerzmittel brauche, damit alles wieder wird.

Ich war echt von den Socken. In der Box stand ein verunsichertes Pferd, dem anscheinend auch alles weh tat. Ein völlig anderes Pferd als das, von dem meine Freundin erzählt hatte. Wo sollten wir beginnen?

Muskelverletzungen beim Pferd – oft Folge von falschem Training

Als Erstes wurde er dem Tierarzt, der zu uns auf den Hof kommt, und dem Hufschmied vorgestellt. Zusätzlich machten wir im Stall eine Schwachstellen-Analyse , um zu sehen, wo wir genau stehen.
Dabei fielen Muskelverletzungen am Oberarmkopfmuskel (m. brachiocephalicus) und auch rund um die Schultergelenke auf. Leider gibt es noch zu wenig Wissen unter Pferdebesitzern, dass diese Muskelverletzungen nicht unbedingt auf der Koppel passieren müssen. Nein – das sind Muskelverletzungen, die auch durch falsches Training verursacht werden.

Was der Oberarmkopfmuskel (m. brachiocephalicus) leistet – und wie er geschädigt wird

Wenn wir uns den Oberarmkopfmuskel näher betrachten, hat dieser eine Sehnenplatte – man sagt das sind Überreste des rudimentären Schlüsselbeines. Beansprucht man diesen Muskel mehr, als er leisten kann – z.B. man nimmt den Kopf als Punctum fixum („hält ihn in einer höheren Position“) und lässt die Vorderbeine „strampeln“ – kommt es zu Verletzungen beim Übergang des Muskels zur Sehnenplatte. Das alles ist weit weg von einem schonenden Anreiten oder gar schonendem Training!!!

Warum das Schultergelenke beim jungen Pferd besonders gefährdet ist

Auch die „Muskellöcher“ in der Höhe der Schultergelenke deuten auf ein „Zu früh – zu viel“ hin. Denn das Pferd hat eben kein Schlüsselbein, sondern das Schultergelenk wird nur muskulär und mit Bändern stabilisiert. Reitet man zu früh in höherer Aufrichtung, geht der Schub des Hinterbeins nicht – wie von Natur aus vorgesehen – auf das Ellbogengelenk, das mit seinem dicken Knochen dafür ausgelegt ist. Nein, der Schub geht auf das noch nicht stabile Schultergelenk, und die zu schwache Muskulatur zahlt dafür den Preis ...

Schonendes Anreiten statt Überforderung – worauf es wirklich ankommt

Ich glaube, Ihr könnt jetzt nachfühlen, warum mir so das Herz blutete! Auch wenn jetzt einige von Euch sagen, dass manches Pferd sich für anspruchsvollere Lektionen eben „anbieten“ würde, stelle ich an geprüfte Trainer den Anspruch, dass sie wissen, was sie tun! Denn es handelt sich da nicht um ein Motorrad, sondern um ein Lebewesen – und das sollte man gerade dann berücksichtigen, wenn man damit sein Geld verdient!

 

Omega 3 und natürliche Unterstützung statt Schmerzmittel

Statt Schmerzmittel bekam der große Braune ein bestimmtes Omega 3-Öl und Weihrauch und wir fingen an, langsam wieder Vertrauen aufzubauen und auch einfaches Führtraining zu absolvieren. Anfangs nahm er einfach den Kopf hoch und ignorierte uns. Doch er wurde liebevoll in seine Grenzen verwiesen und eifrig gelobt, wenn er etwas gut machte.

Training mit Geduld und Vertrauen – ein Pferd findet zurück ins Leben

Wir erlebten ganz oft, dass er bei schnellen Bewegungen zusammenschreckte oder auch davonhüpfte.
Doch es war gigantisch, wie schnell er sich dann auch auf uns einließ und wie er sich bemühte, alles richtig zu machen. Das Hauptaugenmerk lag vor allem darin, ihm wieder eine gesunde Bewegung beizubringen. Denn auch aufgrund seines angelernten Bewegungsmusters gab es schon röntgenologische Befunde an den Vorderbeinen.

Um es kurz zu machen: Er war ein Musterschüler – alle im Stall hatten ihn ins Herz geschlossen, und seine Entwicklung ging trotz mancher Rückschläge in großen Schritten vorwärts.

Die Rückenlinie als Indikator für gesundes Training

Pferd ist Pferd – aber dann doch jedes individuell!!!!!

Und noch ein kleiner Tipp am Schluss: Die Rückenlinie gibt immer gut Auskunft darüber, ob ein Pferd über den Rücken geht – egal ob vorwärts-abwärts und auch in jedem weiteren Ausbildungsschritt. Denn eine Kompression im Wirbelsäulenbereich führt früher oder später zu Problemen – und nicht nur im Rückenbereich!

Ein Happy End mit Abschiedstränen – der große Braune zieht um

Es gab jemanden, der der Jackpot für den großen Braunen ist! Eine ganz liebe Person, die alle Kriterien erfüllt und ihm einen Lebensplatz geben kann.

Zu wissen, dass das die beste Lösung ist, lässt ein Auge vor Freude und Dankbarkeit lachen, doch das andere weinen, da ich bei einem Abschied immer sentimental werde.

Meine Bitte an alle Pferdebesitzer: Passt gut auf Eure Pferde auf!

In diesem Sinne möchte ich Euch meine Bitte ans Herz legen: Passt auf Eure Pferde auf, sie sind es wert!!!!!!

Eure,
Gundula

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