Gundula's Blog

Geplantes Chaos – und wie man es meistert

Fibi

Pferde sind Gewohnheitstiere – sie mögen Stabilität und Verlässlichkeit und kommen mit Überraschungen oder abrupten Veränderungen nicht wirklich gut zurecht. Meine Stute Fabiola ist das beste Beispiel dafür: Sie liebt die Regelmäßigkeit! Passiert mal etwas Ungewohntes, ist sie völlig durch den Wind.

Sie wird immer vormittags trainiert, und meint man mal, abends kommen zu müssen, weil es sich einfach nicht anders ausgeht, reagiert sie mit gekräuseltem Maul und angelegten Ohren. Sie hat dann so einen Blick drauf, dass man fast Angst bekommen könnte. Das hat ihr den Beinamen „kleines Krokodil“ eingebracht.

Anfangs machte ich mir Sorgen, bis ich verstand, dass sie eben so tickt. Man kann ihre Komfortzone in diesem Bereich nur vergrößern, wenn man behutsam und liebevoll – mit einem Lächeln im Gesicht, damit man selbst cool bleibt – Situationen, Zeiten etc. verändert. So lernt sie, dass sie ganz viel schafft – aber Achtung: Die Dosis macht es aus! Die Komfortzone soll sich vergrößern, aber Fabiola soll sich nicht wegbeamen – ein großer Unterschied! „Fördern, aber nicht überfordern“ ist die Devise. Man spricht auch gerne von 80% Bekanntem und 20% Neuem bei Pferden – für alle, die Zahlen lieben. Jedoch hält sich nicht jedes Pferd an diese Formel, bei manchen sind es möglicherweise nur 10% Neues, bei anderen vielleicht sogar 30%.

In einer unserer letzten Trainingseinheiten war es unsere Aufgabe, in bekannter Umgebung ein „geplantes Chaos“ unter dem Sattel zu meistern. Das „Chaos“ bestand darin, dass ein Plastiksackerl an einem Stick befestigt und vor und hinter uns, lauter, leiser, mit wenig oder viel Bewegung manövriert wurde. Eine andere Variante wäre gewesen, einen Gasluftballon in bekannter Umgebung aufzustellen – der Fantasie sind diesbezüglich keine Grenzen gesetzt. Wir haben uns für die einfachere und kostengünstigere Variante ,Plastiksackerl‘ entschieden.

Wichtig bei dieser Übung ist, dass ihr Euch nicht am Zügel festhaltet, sondern das Pferd wirklich mit bzw. über den Sitz reitet. Ein einfaches Beispiel soll erklären, was ich damit meine: Stellt euch vor, ihr trabt leicht. Steht ihr schneller auf, wird auch das Pferd flotter, bleibt ihr länger stehen oder sitzen, wird sich auch das Pferd an den Rhythmus anpassen (sollte natürlich vorher schon geklappt haben, denn in stressigen Situationen fällt man gerne in alte Muster zurück).:

Zur Info:

  • Treibt das Pferd das gefährliche Objekt, d.h. das flackernde Sackerl bewegt sich vor ihm, gibt es dem Pferd Selbstvertrauen.
  • Ist das raschelnde Sackerl, das gefährliche Geräusch hinter dem Pferd, wird das Pferd getrieben – was eindeutig die schwierigere Variante ist.

Ganz ehrlich und Hand aufs Herz: Diese Einheit war eine ziemliche Herausforderung für mich. Denn es kommen nicht nur die Emotionen des Pferdes, sondern auch die des Reiters – in diesem Fall also meine – dazu. Aber es ist zu schaffen, weil es ja ein geplantes Chaos ist, auf das man sich zumindest seelisch ein bisschen vorbereiten kann!  Und notfalls kann man der Person in der Mitte immer ein Zeichen geben, das Chaos ein wenig zu reduzieren ...

Probiert es aus – und denkt daran: Die Gespenster wegzupusten hilft Euch und dem Pferd!

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